
CC BY-SA 3.0 Wiggy
Die CDU will, dass zukünftig in Berlin auch der einzelne friedliche Bürger, der keine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung darstellt, vom Landesgeheimdienst überwacht werden darf. Obwohl das Vorhaben ausschließlich auf Personen abzielt, deren Verhalten explizit nicht auf Anwendung von Gewalt gerichtet ist, begründen die CDU-Abgeordneten ihren Antrag — wohl aus Gewohnheit — mit der zunehmenden Terrorgefahr. Man könnte das als lächerliches Ritual von Überwachungsfanatikern abtun, wäre die CSU in Bayern damit nicht erfolgreich gewesen!
Die CDU-Fraktion bringt kommenden Donnerstag in die 14. Plenarsitzung einen Antrag ein, der den Landesgeheimdienst („Verfassungsschutz“) dazu ermächtigen soll, zukünftig auch Einzelpersonen überwachen zu dürfen, deren Verhaltensweisen nicht auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind und auch nicht geeignet sind, die freiheitlich demokratische Grundordnung erheblich zu beschädigen. Gewaltbereite Einzelpersonen darf der Landesgeheimdienst (genau wie die Polizei) schon jetzt überwachen. Die beantragte Gesetzesänderung leistet demnach nicht einmal den geringsten Beitrag zur Abwehr der „zunehmenden terroristischen Gefahren“, mit dem der CDU-Fraktionsvorsitzende Florian Graf und die CDU-Abgeordneten im Geheimdienstausschuss Stephan Lenz und Kurt Wansner ihren Antrag begründen.
Letztes Jahr hat die Bayerische Staatsregierung im CSU-dominierten Landtag die gleiche Gesetzesänderung mit einer anderen, abenteuerlichen Begründung erfolgreich durchgesetzt (S. 23, rechte Spalte): Weil der Bundesgeheimdienst kein Recht dazu hat, friedliche Einzelpersonen zu überwachen, müsse jetzt dringend der Landesgeheimdienst dieses Recht bekommen! Was nach Ironie klingt, ist traurige Realität.
Die eine Hälfte Berlins kennt diese Geheimdienstkompetenz nur zu gut und durfte sie bis 1989 ausgiebig genießen. Müssen die Bayern diese Erfahrung erst noch machen? Mit den Überwachungskritikern in den Berliner Regierungsfraktionen müssen wir aber sicherlich nicht fürchten, dass der Antrag durchkommt.
Nachtrag vom 18.12.2017: Am 6. Dezember 2017 wurde der CDU-Antrag im Geheimdienstausschuss behandelt und wie erwartet abgelehnt. Bemerkenswerterweise enthielt sich die FDP in Person von Holger Krestel dazu — die Zeiten einer FDP mit Rückgrat sind schon lange vorbei.