
Seit Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen 2016 Verantwortung im Berliner Senat übernommen haben, wurde kein Finger zur Reformierung des Landesgeheimdienstes gekrümmt. Damit ist jetzt mehr als die halbe Legislaturperiode verstrichen. Angesichts der fortwährenden Untätigkeit fordern wir wenigstens ein Bekenntnis zum Handlungsbedarf.
Als dieser Blog vor knapp zwei Jahren damit begann, die Berliner Politik hinsichtlich des Landesgeheimdienstes („Verfassungsschutz“) zu begleiten, war die Hoffnung auf eine rasche und nachhaltige Reform noch groß. Doch schon bei den Verhandlungen zum Doppelhaushalt im September 2017 mit Beteiligung der Linken und Grünen zeichnete sich ein Abfall von allen Vorsätzen ab. Anstatt das Spitzelbudget zu streichen und überhaupt das V-Mann-Unwesen abzuschaffen — wie es noch zu Oppositionszeiten großtönig gefordert worden war — wurde der Geheimdienst mit Zustimmung der beiden Fraktionen ausgebaut: Mehr Personal, erhebliche Aufstockung des Spitzelbudgets und Ausweitung der Kompetenzen auf Big Data.
Um den Verrat an den eigenen Prinzipien ein wenig zu kaschieren, hieß es damals besänftigend: Das Budget sei ja nicht so entscheidend, viel wichtiger sei eine grundlegende Reform und die wolle man auch einleiten. Wenn sich das Abgeordnetenhaus in zwei Monaten in die Sommerpause verabschiedet, sind insgesamt drei Jahre seit der Regierungsbeteiligung von Linken und Grünen vergangen, ohne dass auch nur das geringste Reförmchen angegangen wurde.
Parallel tönt es aus den Reihen der Linken in der Opposition im Bundestag: Wenn wir erst einmal an die Regierung kommen, dann schaffen wir den Geheimdienst ab! Und auch die Grünen dort lassen sich nicht lumpen: Wir werden den Geheimdienst zurückstutzen und ein unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung einrichten! Aus den anderen Bundesländern klingt es ähnlich. So verkünden die Grünen in mehreren Ländern weiter munter fort, die parlamentarische Kontrolle verbessern zu wollen. Speziell in Brandenburg heißt es von ihnen aus der Opposition heraus: Der Geheimdienst sei „nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems“. In Sachsen-Anhalt beschwört Die Linke in der Opposition die Abschaffung des Geheimdienstes. Während dessen leidet ebendiese Partei in Brandenburg, wo sie an der Regierung beteiligt ist, an der gleichen Lethargie wie in Berlin und man glaubt es kaum: Sie wird dort gerade von der CDU überholt, welche eine stärkere Beschränkung von V-Mann-Einsätzen fordert.
Überwachungs- und Geheimdienstgegner sind also zurecht empört, wie sie als Wähler getäuscht werden. In vier Wochen wird das EU-Parlament neu gewählt — wer soll diesen beiden Parteien dann noch trauen? Berlin-Mitte gegen Überwachung fordert von den beiden Fraktionen im Abgeordnetenhaus, sich zuvor wenigstens noch zur Notwendigkeit einer Reform des Landesgeheimdienstes zu bekennen. Wir wollen wissen: Welche Konzepte werden diskutiert und welche Fortschritte gibt es? Wird hinter den Kulissen verhandelt und zeichnet sich bereits ein Entwurf ab?
Am 26. Mai 2019 treten sowohl Die Linke als auch Bündnis 90/Die Grünen zur Wahl an. Sollten mündige Wähler statt auf Wahlversprechen nicht viel eher auf nachweisliches Handeln unter Regierungsverantwortung achten?